Der Titel des aktuellen Koalitionsvertrags erinnert zumindest Ältere an die vollmundige Aussage der ersten von einem Sozialdemokraten geführten Bundesregierung im Jahr 1969, die mehr Demokratie wagen wollte. Ein sicher nobler Ansatz, der sich allerdings vor allem in Leistungsausweitungen der öffentlichen Hand niederschlug. Man kann vieles über die sozialliberale Koalition der 1970er Jahre sagen, dass aber Wirtschaft und Arbeitsmarkt 13 Jahre nach der Formulierung des eigenen Anspruchs stärker als zuvor oder auch nur gleich gut dastanden, wäre eine Verdrehung der Tatsachen. Daher muss und darf man gespannt sein, wie es unter dem neuen Motto weitergeht.
Der Koalitionsvertrag enthält einige Ankündigungen. Die am meisten ins Auge stechende ist sicherlich auch diejenige, die der Tarifautonomie am wenigsten guttun wird: ein gesetzlicher Mindestlohn von 12,00 Euro. Darüber hinaus gibt es Hinweise, die das kollektive Arbeitsrecht ebenso wie das individuale Arbeitsrecht betreffen. Viele der Ankündigungen erschöpfen sich im Beobachten und Abwarten. Das gilt einmal für die jetzt zum wiederholten Mal versprochenen Experimentierräume im Arbeitszeitrecht. Es gilt ebenso für die Zeitarbeit. Natürlich ist es richtig, Entwicklungen der Rechtsprechung auch vor dem Europäischen Gerichtshof zu verfolgen. Das Verfolgen solcher Entwicklungen ist allerdings nicht primär Aufgabe der Bundesregierung. Sie hat den Auftrag, gestaltend einzugreifen. Sie muss das deutsche System der tarifautonomen Bestimmung von Equal Payund Equal Treatment mit großem Nachdruck verteidigen. Denn: Die Tariföffnungsklausel für Equal Treatment und Equal Pay hat – wie in kaum einer anderen Branche – die Bedeutung der Tarifautonomie gestärkt. Annähernd 100 % der Arbeitsverhältnisse unterliegen in der Zeitarbeit tariflichen Regelungen.
Flexibilität bedarf es auf vielen Feldern: neue Formen der Selbständigkeit, agile Arbeitsmethoden, der zeitweilige Einsatz von Arbeitskräften, ein die Vertraulichkeit und das Zusammenwirken von Beschäftigten und Arbeitgebern nicht gefährdender Hinweisgeberschutz. All das sind Themen, die auf der Agenda der neuen Regierung stehen. Einige dieser Themen wollen wir auf diesem ISWA-Politikwebinar mit Ihnen und den Referenten aus Politik, Praxis und Wissenschaft vertieft erörtern, Schlussfolgerungen ziehen und mögliche Fehlentwicklungen aufzeigen.
11:00 Uhr
Begrüßung
Dr. Reinhard Göhner
Vorsitzender des Vorstands, Institut für Sozial- und Wirtschaftspolitische Ausbildung e.V. (ISWA), Berlin
11:15 Uhr
Arbeitsrecht im Koalitionsvertrag – Was kann uns zwischen 2022 und 2025 erwarten?
mit anschließender Diskussion
Ass. jur. Roland Wolf
Geschäftsführer, Abteilungsleiter Arbeitsrecht und Tarifpolitik, Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), Berlin
12:15 Uhr
Mittagspause
13:00 Uhr
Zwischen Flexibilität und Sicherheit – Wo drückt der Schuh?
mit anschließender Diskussion
Dr. rer. pol. Hans-Peter Klös
Leiter des Wissenschaftsbereichs, Geschäftsführer, Institut der deutschen Wirtschaft Köln e.V.
14:00 Uhr
Pause
14:15 Uhr
Befristete Arbeit – Ihre Bedeutung für Unternehmen und Arbeitsmarkt
mit anschließender Diskussion
Prof. Dr. Ulrich Walwei
Vizedirektor, Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB) der Bundesagentur für Arbeit, Nürnberg, Honorarprofessor für Arbeitsmarktforschung, Institut für Volkswirtschaftslehre und Ökonometrie der Universität Regensburg
15:15 Uhr
Pause
15:30 Uhr
Arbeitszeit – zwischen betrieblichen Anforderungen und europäischen Grenzen
mit anschließender Diskussion
Prof. Dr. Gregor Thüsing LL.M.
Direktor, Institut für Arbeitsrecht und Recht der Sozialen Sicherheit, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn
16:30 Uhr
Zusammenfassung
Dr. Reinhard Göhner
Vorsitzender des Vorstands, Institut für Sozial- und Wirtschaftspolitische Ausbildung e.V. (ISWA), Berlin
16:45 Uhr
Ende des ersten Seminartages
09:00 Uhr
Selbständig oder abhängig – Anforderungen an eine Förderung neuer Erwerbsformen?
mit anschließender Diskussion
Carlos Frischmuth
Managing Director und Leiter Hauptstadtrepräsentanz, Hays AG, Berlin
10:00 Uhr
Pause
10:15 Uhr
Zeitarbeit – Arbeitnehmerüberlassung – Leiharbeit: Brücke in Beschäftigung oder Sackgasse?
mit anschließender Diskussion
Ass. jur. Florian Swyter
Hauptgeschäftsführer, Bundesarbeitgeberverband der Personaldienstleister e.V. (BAP)
11:15 Uhr
Pause
11:30 Uhr
Homeoffice – zwischen Corona und Digitalisierung
mit anschließender Diskussion
Prof. Dr. Christian Picker
Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Arbeitsrecht & Unternehmensrecht, Universität Konstanz
12:30 Uhr
Schlusswort
Dr. Reinhard Göhner
Vorsitzender des Vorstands, Institut für Sozial- und Wirtschaftspolitische Ausbildung e.V. (ISWA), Berlin
Die Teilnahme an unseren ISWA-Webinaren ist kostenfrei. Die Kosten trägt der gemeinnützige Verein ISWA im Rahmen seines Bildungsauftrags.